Syrien und der Konflikt der Großmächte auf den Ruinen des Krieges

August 8, 2025135 AufrufeLesezeit: 3 Minuten
Syrien und der Konflikt der Großmächte auf den Ruinen des Krieges
Syrien verwandelt sich heute in ein Wettbewerbsfeld zwischen drei Großmächten: den Vereinigten Staaten, Russland und China. Jede von ihnen strebt danach, die Einflusskarte im neuen Syrien zu zeichnen.
Washington sieht im Sturz des Assad-Regimes eine goldene Gelegenheit, das zu erreichen, was es seit Jahrzehnten nicht geschafft hat: Syrien aus dem russisch-iranischen Einflussbereich zu befreien. Der Besuch des amerikanischen Präsidenten Donald Trump in Saudi-Arabien und sein Treffen mit dem syrischen Außenminister, sowie die Aufhebung der westlichen Sanktionen gegen Damaskus, waren nicht nur flüchtige diplomatische Schritte, sondern Teil einer umfassenderen Strategie, Syrien mit dem Westen zu verbinden und es zu einem strategischen Verbündeten zu machen. Doch die neue syrische Regierung, obwohl sie sich dem Westen öffnet, erkennt, dass eine vollständige Abhängigkeit von Amerika den Verlust jeglicher Verhandlungsposition gegenüber Moskau oder Peking bedeutet. Auch die syrische Bevölkerung, die jahrzehntelang unter der autoritären Herrschaft gelitten hat, wird den Wandel ihres Landes in eine militärische oder politische Basis für eine ausländische Macht nicht leicht akzeptieren.
Russland hingegen hat nach wie vor wichtige Karten in der Hand, insbesondere die Militärbasis in Tartus, die als Tor zu seinem Einfluss im Mittelmeer gilt. Der Besuch des syrischen Außenministers Asaad al-Shabani in Moskau bestätigt, dass Damaskus die Brücken zum Kreml nicht vollständig abbrechen möchte.

Die größte Herausforderung für Russland besteht jedoch darin, die neue syrische Führung davon zu überzeugen, dass sie in der Lage ist, mehr zu bieten als der Westen. Angesichts der westlichen Sanktionen gegen Moskau wegen des Ukraine-Kriegs und des Rückgangs seiner Wirtschaft fällt es Russland schwer, mit amerikanischen oder Golfinvestitionen beim Wiederaufbau zu konkurrieren.

Während der amerikanisch-russische Wettbewerb sich zuspitzt, kommt China durch die Hintertür und bringt einen Koffer voller Investitionen mit. Die „Belt and Road Initiative“ gibt Peking ein Trumpf im Syrien-Spiel, insbesondere da Damaskus dringend Hunderte von Milliarden für den Wiederaufbau benötigt. China hat sich stets bemüht, sich als wirtschaftlicher, nicht politischer Partner zu präsentieren, was es zu einer relativ akzeptablen Option für die syrische Regierung macht.

Doch China steht vor einer weiteren Herausforderung: Wie kann es in Syrien investieren, ohne Washington zu provozieren? Der weltweit anhaltende Wettbewerb zwischen den USA und China könnte verhindern, dass Syrien zu einem wichtigen Knotenpunkt in Pekings Projekten wird. Zudem könnte der nachlassende iranische Einfluss in Syrien die Tür für China öffnen, um die Lücke zu füllen, doch dies wird angesichts der amerikanischen Wachsamkeit nicht einfach sein.
Die neue syrische Regierung benötigt einerseits westliche Unterstützung, um ihre zusammengebrochene Wirtschaft zu retten, kann andererseits aber nicht auf die Russen und Chinesen verzichten, die vielleicht langsamer in ihren Angeboten sind, aber weniger Bedingungen stellen als der Westen, wenn es um Souveränität geht.

Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass Damaskus versucht, auf allen Hochzeiten zu tanzen, indem es eine Politik der „praktischen Nichteinmischung“ verfolgt, also sich allen zu öffnen, ohne sich an einen zu binden. Doch diese Option ist riskant, denn Großmächte bieten nichts umsonst.
Am Ende steht Syrien an einem Scheideweg: Entweder es gelingt, diesen internationalen Wettbewerb zu nutzen, um einen stabilen Staat wieder aufzubauen, oder es verwandelt sich in ein weiteres Schlachtfeld für Stellvertreterkriege, in dem die Syrer erneut den Preis zahlen. Die Entscheidung zwischen diesen beiden Wegen wird nicht in Moskau, Washington oder Peking, sondern in Damaskus selbst getroffen.

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